Kultur

Kulturunterschiede zwischen Deutschland und Skandinavien

Die lockeren Skandinavier – man kennt Sie aus dem Urlaub. Aber wie steht es um diesen Stereotyp und wie geht man mit konkreten Kulturunterschieden im Business Kontext um? Wir geben einen Kurzüberblick über die größten Unterschiede zwischen Skandinaviern und Deutschen:

Geert Hofstede war ein führender niederländischer Kulturwissenschaftler, der bekannt wurde für seine Studien in denen er den Einfluss von nationalen Kulturen auf verschiedene Unternehmenskulturen analysierte.

Einige der von Ihm beschriebenen Kulturdimensionen lassen sich zielführend in einem deutsch-skandinavischen Kontext verwenden, um die häufig vergessenen Kulturunterschiede zu Deutschland anschaulicher zu gestalten. Hofstedes Kulturdimensionen sind zwar kein absolutes Maß aller Dinge, aber sie sind sehr wohl eine tolle Hilfestellung für Unternehmen, die den Zielmarkt in Skandinavien besser verstehen möchten.
Die am deutlichsten ausgeprägten Unterschiede im deutsch-skandinavischen Kontext sind die MachtdistanzMaskulinität sowie der Umgang mit Unsicherheit. Im Folgenden stellen wir in Kürze die Kernunterschiede der skandinavischen Länder zu Deutschland vor. Die Kulturdimensionen werden relativ gemessen und auf einer Skala von 0 bis 100 abgebildet, wo ein Wert von 50 einen mittleren Wert repräsentiert.

Hofstedes Kulturdimension: Deutschland (blau) und Dänemark (Orange)

Machtdistanz
Diese Dimension setzt sich mit der Fragestellung auseinander, wie viel Unterschied in hierarchischen Beziehungen toleriert wird. In Organisationen findet diese Kulturdimension in der Regel durch formale Strukturen, Titel und Entscheidungsprozesse ihren Ausdruck.
 

Die skandinavischen Länder sind hier deutlich anders ausgeprägt und man bevorzugt dort flachere Hierarchien. Entscheidungen werden mitunter auch mal von Mitarbeitern hinterfragt und anstelle einer Top-Down Entscheidungsfindung tritt oftmals ein gemeinsamer Dialog mit den Mitarbeitern.
 
Im Unterschied zu Deutschland findet darüber hinaus die höfliche Anrede mit “Sie” und Nachnamen in den skandinavischen Ländern überhaupt keine Anwendung.  Ob Professor, Ministerin oder sogar Staatsoberhaupt – Skandinavier duzen sich und sprechen sich einfach mit Ihren Vornamen an.  Im gegenseitigen Austausch nehmen viele Deutsche die Skandinavier aufgrund dieser für sie unbekannten Formlosigkeit häufig fälschlicherweise als unprofessionell wahr. 
 

 
Maskulinität/ Femininität

Diese Kulturdimension untersucht die Frage nach Rollenverteilung und Konfliktorientierung. Maskulin geprägte Länder neigen so zum Beispiel zu klaren und traditionellen Rollenbildern, wohingegen feminin geprägte Länder (z.B. in Skandinavien) Rollenteilung sowie Kooperation hervorheben. 
 
In den skandinavischen Ländern ist es so zum Beispiel weit verbreitet (in Schweden sogar gesetzlich festgelegt), dass die Elternzeit auf beide Partner gleichmässig verteilt wird. Dass der Vater sein Kind mittags aus der Tagestätte abholt ist breit akzeptiert und würde doch vielerorts in Deutschland heutzutage noch auf gewisses Unverständnis stoßen.

Die skandinavischen Länder zeichnen sich darüber hinaus durch Ihre Beziehungs- und Kooperationsorientierung aus. Gerade in Konfliktsituationen trifft diese kulturelle Prägung auf häufiges Missverständnis bei Deutschen, welche im Allgemeinen Eigenschaften wie Leistungserwartung und Durchsetzungskraft stärker betonen. Konflikte werden tendenziell in den skandinavischen Ländern kooperativ und durch ein gemeinsames Gespräch gelöst, anstatt einen Konflikt auszuleben.



Unsicherheitsvermeidung

Diese Dimension beschreibt den Umgang mit Unsicherheit. Im Vergleich fällt hier deutlich auf, dass Deutschland als Kulturraum mit deutlicher Unsicherheitsvermeidung und starker Regelorientierung auftritt. 
 
Deutsche Unternehmen planen und analysieren gerne und priorisieren klar Ordnung und Regeleinhaltung. Der Einstieg in einen neuen Markt wird mitunter Jahre geplant und Berichte über Berichte abgefasst – mit dem Risiko, dass sich der Markt nach langen Planungsprozessen bereits an anderer Stelle komplett weiterentwickelt hat. Besonders in den dynamischen Zeiten von heute ist daher eine gewisse Agilität im Umgang mit Unsicherheit durchaus eine wertvolle Eigenschaft in einer Organisation.
 
In deutschen Unternehmen wird Mitarbeitern häufig ein Lösungsmuster für Probleme vorgegeben und Probleme im Voraus geplant. In den skandinavischen Ländern wird Unsicherheit hingegen eher akzeptiert und es gibt eine geringere Veranlagung, alles detailliert zu planen und Regeln aufzustellen. Dies mag wie ein geringer Unterschied wirken, kann in Praxis jedoch vielerorts erfahrungsgemäß Konflikte verursachen.



Erfahrungen aus 26 Jahren

In unseren 26 Jahren, in denen wir deutsche Unternehmen zum Thema Skandinavien beraten, haben wir immer wieder die Erfahrung gesammelt, dass viele deutsche Unternehmen diesen kulturellen Unterschieden leider nicht ausreichende Aufmerksamkeit schenken.

Gerade bei der Gründung von Tochtergesellschaften ist es also daher immens wichtig, sich mit der jeweilig anderen Kultur auseinanderzusetzen und die Bereitschaft mitzubringen, sich anpassen zu wollen. Sonst droht die Vision nach Expansion schnell in einer Katastrophe zu enden. Um vielen Konflikten und Ärger vorzubeugen ergibt es also viel Sinn, sich als Unternehmen mit den kulturellen Begebenheiten vor Ort vertraut zu machen. Zu diesen Themen beraten wir gerne. Bei Interesse an einem Kulturworkshop kommen Sie gerne auf mich zu.

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